1936-38 segelte der Franzose Louis Bernicot in einer Yacht mit dem Namen Anahita alleine um die Welt. Wie sein Vorbild Joshua Slocum 40 Jahre zuvor kämpfte er sich von Ost nach West durch die Magellanstrasse, den Südpazifik und dann um das Kap der guten Hoffnung. Eine grossartige seemännische Leistung, in einer Zeit als es weder GPS, Selbststeueranlagen noch Seewetterberichte gab!
Bernicot war kein einfacher Charakter. Wie Slocum war auch er ein ehemaliger Hochseekapitän, Frührentner auf der Suche nach Beschäftigung. Wer aber die Berichte der beiden Pioniere des Einhandsegelns vergleicht, findet grosse Unterschiede: Während Slocum phantastische Anekdoten vom Besten gibt, liest sich Bernicot's Buch wie eine technisch-trockene Abhandlung. Während sich Slocum an seinen Etappenorten amüsiert, bricht Bernicot nach ein paar Tagen wieder auf. Als alter Profi hatte Bernicot kein Verständnis für Amateur-Segler wie beispielsweise Alain Gerbault, der ihm als erster französischer Weltumsegler zuvorkam. Was aber trieb einen 50-jährigen verheirateten Vater von drei Kindern alleine auf den Ozean?
Wie ihr Eigner war auch Anahita ein Schiff mit Ecken und
Kanten. Bernicot liess sie spieziell für seine Weltumsegelung
entwerfen ohne jedoch den Architekten über das Projekt zu
informieren. Wirklich schön war sie nicht mit dem ungewöhnlichen
Führerhäuschen, aber ihre Seetüchtigkeit und viele Details für
den Einhandsegler machten sie für Bernicot zu einem idealen
Schiff. Allerdings hatte sie einige ärgerliche Mängel, wie
beispielsweise ein hartes Ruder, das Bernicot bei schwerem
Wetter einige Probleme bereitete. Nach Bernicots Tod verkaufte
seine Witwe das Schiff; heute wartet es in der Bretagne auf
seine dringend nötige Restauration. Im Herbst 2016 hatten wir
die Gelegenheit, Anahita in Fécamp zu besuchen.
Der Name unserer Yacht ist also auch eine Referenz an die Anahita von Louis Bernicot. Woher aber stammt der Name? Bernicot behauptet in seinem Buch, Anahita sei die kaledonische Göttin der Meere. Gemäss unseren eigenen Recherchen stammt Anahita aus dem mittleren Osten und wurde als Göttin des Wassers und der Fruchtbarkeit verehrt. Im Iran finden sich heute noch verschiedene archäologische Fundstätte mit dem Tempel der Anahita. Mehr dazu in einem im Jahr 2005 erschienenen Artikel des Persian Journal.
Quellen: La croisière d'Anahita (Louis Bernicot, Voiles Gallimard, 2002); Sailing Alone Around the World (Joshua Slocum, Adlard Coles Nautical, 1996), Voiles & Voiliers (März 2002)